Reisemobile, Wohnwagen und Motorhomes sind in Deutschland gefragt. Und das wie nie zuvor. Nicht nur die kommerziellen Anbieter profitieren von der gestiegenen Nachfrage: Rund ums Wohnmobil werden immer mehr Start-Ups gegründet.
Die Wohnmobilbranche erlebt einen Boom
Heute Ostsee, morgen Adria und nächste Woche dann Schweden – mit dem eigenen Motorhome ist es möglich. Man ist flexibel und nicht an Hotels gebunden. Nennt man ein Wohnmobil sein Eigen, kann man sich unabhängig im Zielland bewegen.
Lange Zeit sind die Verkaufszahlen von Reise- und Wohnmobilen in Deutschland rückläufig gewesen. Vor ein paar Jahren jedoch kam es zu einer Trendwende. Seitdem meldet das Kraftfahrtbundesamt jährlich ein Zulassungsplus. Im Jahr 2015 lag dieses Plus bei 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahlen sind vor allem deshalb so beachtlich, weil die Wohnmobilverkäufe in den meisten anderen europäischen Ländern weiter zurückgehen.
Die Nachfrage in Deutschland steigt und mit ihr die Angebote der kommerziellen Anbieter. Generell konzentrieren sich die meisten Hersteller aber eher auf ihre Kernmodelle. Weniger ist also mehr. Die Zielgruppe sind nicht mehr nur Rentner. Camper werden immer jünger. Und auch bei den Gutverdienen liegt der Urlaub im eigenen Reisemobil voll im Trend. Neben einem guten Preis ist es vor allem wichtig, dass der Wohnwagen kompakt und wendig ist.
Sich ein eigenes Motorhome zu anzuschaffen, lohnt sich natürlich nicht immer. Wenn man nur zwei Wochen im Jahr damit unterwegs ist, macht eine so teure Anschaffung wie ein Reisemobil für die meisten Menschen kaum Sinn.
Mieten ist in so einem Fall dann sinnvoller als kaufen.
Auch hier wird das Angebot immer breiter. In fast allen Größen und Varianten kann man Wohnmobile mieten. Viele kommerzielle Anbieter haben ihre eigene Mietflotte. Aber auch Privatbesitzer bieten immer häufiger ihr Wohnmobil zur Miete an. Für diese privaten Vermieter gibt es spezielle Plattformen, auf denen sich dann potenzielle Mieter die Wohnmobile nach ihren Kriterien aussuchen können.
Über Start-Ups rund um Reise- und Wohnmobile
Neben den alteingesessenen Anbietern haben sich in den letzten Jahren in der Wohnmobilbranche verschiedenste Start-Ups gegründet. Ein Start-Up bezeichnet ein junges Unternehmen, das ein überdurchschnittlich großes Wachstumspotenzial besitzt. Die Reise- und Wohnmobilbranche bietet mit ihrer stetig wachsenden Nachfrage also ein vielversprechendes Metier für solche jungen Firmen. Ob Plattformen zum Vermieten und Vermieten von Reisemobilen oder ein komplett autarker Wohnwagen: Hier stellen wir Ihnen vier Start-Ups rund um das Wohnmobil vor, die mit ihrer Idee in der Branche Fuß fassen konnten.
paulcamper.com und rentscout.ch
Teilen ist in. Auch in Deutschland ist die Sharing-Economy auf dem Vormarsch. Bei paulcamper.com trifft diese Sharing-Economy auf den Campingplatz. Auf der Plattform ( https://paulcamper.com ) können Privatleute ihre Camper, Wohn- und Reisemobile zum Vermieten anbieten. Nutzer können dann deutschlandweit zu ihren Bedingungen und zu einheitlichen Mietkonditionen ein passendes Wohnmobil finden.
Dafür geben die potenziellen Mieter auf der Seite ihren Startort, das Abholdatum und das Rückkehrdatum an. Neben einer Karte der Standorte der potenziellen Fahrzeuge wird auch eine Liste dieser verfügbaren Camper angezeigt und zwar mit Vermieter, Mietpreis pro Nacht, Standort und der Anzahl der Mitfahr- und Schlafplätze. Fairness und eine persönliche Note beim Mieten und Vermieten stehen bei paulcamper.com im Mittelpunkt. Die Seiter vermittelt potenzielle Mieter an zuverlässige private Vermieter weiter. Das Vermieten läuft also nicht komplett automatisch.
Alle auf der Seite angebotenen Fahrzeuge werden unter einheitlichen Konditionen vermietet und sind komplett ausgestattet. Versteckte Kosten wie bei kommerziellen Vermietern sollen so nicht möglich sein. Auf der Seite lässt sich ein Mustermietvertrag einsehen, Informationen zur Versicherung für Mieter und Vermieter sind aufgeführt. paulcamper.com erhält vom Mietpreis je 15 Prozent Vermittlungsprovision. Den Camper namens Paul von dem Macher des Unternehmens Dirk Fehse, welcher dem Start-Up seinen Namen gab, kann man übrigens auch mieten.
rentscout.ch setzt auf ein ähnliches Konzept. Das Miet- und Vermietportal, das bereits 2015 von den drei Wirtschaftsingenieuren Blerim Nrecaj, Nicholas Egloff und Reto Oschwald in der Schweiz gegründet wurde und seit 01.04.2016 voll nutzbar ist, will den Trend der Sharing-Economy weiter vorantreiben und bietet eine Plattform für das Mieten und vermieten von fast allem. Neben Wohnwagen können Privatpersonen auch Ferienhäuser- und wohnungen, Werkzeuge, Baufahrzeuge wie Bagger, Boote, Kameras oder auch Bekleidung anbieten. Für potenzielle Mieter wollen die frei Plattformbetreiber vor allem eines bieten: Eine Anlaufstelle für alles!
In den verschiedenen Kategorien ist alles übersichtlich aufgeschlüsselt. In der Kategorie Wohnmobil zum Beispiel erhält man zunächst eine Liste aller verfügbaren Modelle, welche man dann nach seinen Kriterien (Mietzeitraum, Preis oder Standort) durchsuchen kann. Dieser Aufbau ist in allen Kategorien ähnlich. Für Vermieter soll das Vermieten schnell und unkompliziert von Statten gehen. Nachdem man ein Konto angelegt hat, kauft man ein auf seine Vorstellungen zugeschnittenes Inserierungspaket und stellt damit sein Produkt zum Mieten zur Verfügung. Besonders viele Angebote gibt es schon in der Kategorie Ferienhäuser. rentscout.ch wächst immer weiter, denn auch in den anderen Kategorien kommen seit dem Start immer neue Angebote dazu.
wohnwagon.at
Das österreichische Start-Up Wohnwagon hat einen Wohnwagen entwickelt, der komplett autark ist. Der Wohnwagen kommt also komplett ohne Strom, Wasser, Kanalisation und Wärme von außen aus. Mit diesem Konzept will das Unternehmen eine mobile Alternative zu einem Mikrohaus anbieten, welches man nach Wunsch zum Bergdomizil oder Haus am See umfunktionieren kann. Die Idee dahinter ist einfach und sehr sympathisch: „Reduce to the max“. Es geht also darum, seine Art zu leben auf das Minimum zu reduzieren, dabei aber auf nichts zu verzichten. Das Start-Up richtet sich mit seinen Wohnwagen also hauptsächlich an Menschen, welche diese Philosophie hinter jedem Wohnwagon teilen. Das Wohnmobil ist nicht einfach ein Fahrzeug, hier wird er zur Lebensart, zu einem Statement. Gegründet wurde das Start-Up im Jahr 2013 von Theresa Steininger und Christian Frantal.
Auf der Homepage des Unternehmens ( www.wohnwagon.at ) findet man Informationen rund um die Unternehmensgeschichte, die Werte und den Wohnwagon selbst. Bei der Fertigung setzt man auf regionale und natürliche Rohstoffe wie etwa Fichtenholz und Schafswolle. Im Shop kann sich der Kunde seinen individuellen Wohnwagon mit einer Größe von 25 Quadratmetern zusammenstellen. Neben der Innen- und Außenausstattung ist es auch möglich, das Wohnsystem genau auf den Kunden zuzuschneiden.
Dieses System ist das Herzstück des Wohnwagons und versorgt ihn mit genügend Energie für Beleuchtung, Wasserpumpe, eine Waschmaschine und andere Geräte wie Handy und Laptop. Das Wassersystem des Wohnwagons ist ineinander übergreifend und sammelt Regenwasser, um es anschließend gefiltert in einem Wassertank zu speichern. Diese autarken Systeme sind auch separat über die Homepage verfügbar. Ein Wohnwagon kostet je nach Ausstattung 40000 bis 80000 Euro und kann im Onlineshop bestellt werden.
freecamper.de
Mit dem eigenen Wohnmobil runter von der Straße und auf das Wasser? Was erstmal absurd klingt, funktioniert tatsächlich. Bereits 2010 hatte ein mecklenburgisches Unternehmen um den Geschäftsführer Markus Frielinghaus die Idee für den „freecamper“, bei dem das eigene Wohnmobil zum Hausboot wird. Statt mit dem eigenen Reisemobil nur die Straßen zu befahren, kann man ab 2011 mit dem Wohnmobil auf einer motorisierten Plattform die Gewässer der mecklenburgischen Seenplatte befahren.
Auf der Homepage von freecamper.de können sich Interessierte über verschieden Touren (mit variabler Dauer) informieren, Reiseberichte lesen, die Voraussetzungen für eine Buchung abklären und eine Plattform buchen. Außerdem findet man dort auch eine Seite mit den häufigsten Fragen zum Beispiel zum Thema Haustiere oder Schleusen.
Wichtig: Um eine der motorisierten Plattformen buchen zu können, wird kein Bootsführerschein benötigt.
Je nach Größe des Wohnwagens wird ein freecamper ausgewählt, der das Gewicht auch tragen kann. Es stehen drei verschiedene Größen zur Verfügung. Im Kalender auf der Homepage kann man ersehen, ob im gewünschten Zeitraum ein freecamper frei ist. Die Reise zu Wasser beginnt für das Wohnmobil in der Mietbasis von freecamper.de. Die liegt im Yachthafen in Ziegeleipark Mildenberg, etwa 50 Kilometer von Berlin entfernt. Hier wird der eigene Wohnwagen oder das Reisemobil dann zum Hausboot.
Noch mehr Start-Ups für die Wohnmobilbranche?
Die Wohnwagen- und Reisemobilbranche erlebt in Deutschland einen Boom. Und eine Branche, der es so gut geht, bietet eine gute Grundlage für junge Unternehmen mit großem Wachstumspotenzial. In so einer Branche lassen sich gut Investoren finden. Die sind für Start-Ups enorm wichtig, da sie nur so die Möglichkeit haben das Potenzial ihrer Idee und damit ihres Unternehmens voll auszuschöpfen. Gerade im Bereich der Sharing-Economy sind Plattformen zum Vermieten von Privatfahrzeugen fast schon ein Garant für wirtschaftlichen Erfolg.
Nicht unwichtig ist es dabei, sich von den anderen Mitbewerbern zu unterscheiden. paulcamper.com konzentriert sich nur auf Camper und Wohnmobile, rentscout.ch auf das Sharing an sich und bietet ein Portal zum Vermieten für fast alles. Ein anderes Start-Up namens Campanda bietet die Vermittlung von privaten und kommerziellen Wohnmobilen in sechs Ländern an und wendet sich dabei eher an Mieter, die mit dem Reisemobil ins Ausland wollen. Wohnmobile sind wohl einfach eine Rubrik, die gut funktioniert. Und das gilt auch für die Start-Ups in dieser Branche.
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