Existenzgründer oder Unternehmer kurz nach der eigentlichen Gründungszeit können meist noch nicht auf ein allzu dickes finanzielles Polster blicken. Die Gewinne halten sich noch in Grenzen – zusätzliche Ausgaben sind nicht drin. Was aber, wenn der Ehepartner stirbt und vor seinem Tod ein Wohnmobil gekauft hat, welches noch nicht abbezahlt ist? Gibt es hier eine Art Härtefallregelung für Existenzgründer, damit sie die Schulden nicht übernehmen müssen? Das folgende Urteil klärt auf.
Urteil: Natürlich muss der Erbe zahlen
Ob jemand Existenzgründer ist oder nicht, spielt für die rechtliche Seite keine Rolle. Das heißt, das Erbe geht in seiner Gesamtheit vom Verstorbenen auf den Ehepartner über, was sich auch auf etwaige Schulden bezieht. Eine häufige Streitfrage stellt sich gerade beim Kauf von Fahrzeugen: Sind diese erst geordert, aber noch nicht bezahlt – können sie dann nicht einfach zurückgegeben werden? Kostenfrei, natürlich? Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil vom 27. August 2015 nun entschieden, dass dem nicht so ist. Zumindest die vertraglich festgelegte Strafe bei Nichterfüllung des Kaufvertrags muss gezahlt werden – notfalls auch von der Witwe des eigentlichen Käufers und auch dann, wenn durch eine vorangegangene Existenzgründung das Geld ohnehin knapp ist. Wurde der Kaufvertrag rechtsgültig geschlossen, so tritt der Erbe in diesen ein und übernimmt somit alle Rechte und Pflichten, die sich aus dem Vertrag ergeben.
Nachgefragt: Wie ist die Ausgangslage für das Urteil?
Natürlich gab es zuerst einmal einen Streitfall, der letzten Endes zu dem Urteil das Wohnmobil und seinen Kauf betreffend geführt hat: Im September 2013 kaufte ein Mann ein Wohnmobil für 40.000 Euro. Dieses bestellte er und vereinbarte dabei, dass das bereits vorhandene Wohnmobil, welches einen Wert von 12.000 Euro besaß, in Zahlung gegeben werden sollte. Kurze Zeit später fuhr der Mann zur Verkäuferin des Fahrzeugs und erlitt dabei leider einen Unfall, durch den er verstarb. Die Verkäuferin war nun der Meinung, dass die Witwe des Käufers das Wohnmobil übernehmen müsste, was diese aber wiederum verneinte. Sie hätte weder Geld noch Verwendung für dieses Fahrzeug. Sie holte das Wohnmobil nicht ab, woraufhin die Verkäuferin vom Kaufvertrag zurücktrat. Sie verlangte aber eine Pauschale für den Schadensersatz in Höhe von 15 Prozent des vereinbarten Kaufpreises – damit sollte die Erbin also 6.000 Euro zahlen.
Häufig infrage gestellt: Rechtswirksame Pauschalierung?
Laut Oberlandesgericht Hamm und seinem Urteil ist die Pauschalierung solcher Schadensersatzsummen durchaus rechtens. Die Erbin und damit die Käuferin hätte die Möglichkeit gehabt, das Wohnmobil abzuholen – und dann eventuell weiterzuverkaufen. Davon hat sie nicht Gebrauch gemacht, sodass die Verkäuferin vom Vertrag zurücktrat. Die Klägerin wollte in der Verhandlung allerdings einen Schaden von 12.000 Euro geltend machen, weil ihr schließlich die Einnahmen bzw. der Gewinn durch den Verkauf des in Zahlung gegebenen Wohnmobils verloren gegangen seien. Damit bekam sie natürlich nicht recht, denn die Nutzung des Rechts auf eine Pauschalierung schließt das Recht auf das Geltendmachen des konkreten Verlusts aus. Das Wohnmobil war durch den Unfall zu Schaden gekommen und folglich natürlich keine 12.000 Euro mehr wert. Diesen Verlust kann die Klägerin aber nicht anführen.
Für den erbenden Existenzgründer stellt sich in einem solchen Fall also die Frage: Pauschale hinnehmen oder doch lieber das Wohnmobil auslösen und weiterverkaufen? Einen finanziellen Schaden erleidet der Erbe in jedem Fall – und dieser kommt noch zu dem persönlichen Verlust des Ehegatten hinzu.
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