High Potentials sind begehrt wie nie – nicht alle stellen jedoch eine positive Bereicherung für ein Unternehmen dar. Was ein Top-A-Kandidat mitbringen muss und welche Strategien Unternehmen beim Abwerben eines High Potentials berücksichtigen müssen, lesen Sie hier.
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Das Scheitern der High Potentials aufgrund von Überschätzung
High Potentials haben durch den bestehenden Fach- und Führungskräftemangel ausgezeichnete Karriereaussichten. Solche überdurchschnittlich qualifizierten Berufseinsteiger scheitern jedoch auch sehr häufig. Die High Potentials Studie 2011/2012 der Managementberatung Kienbaum ermittelte die Gründe dafür, in dem sie 460 Unternehmen aller Größen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragte.
Die Kienbaum-Studie ergab, dass die meisten High Potentials aufgrund eines Mangels an Soft Skills scheitern. In Deutschland bedeutet dies konkret: in rund 94 Prozent der Fälle vernichten die Talente aufgrund von Selbstüberschätzung und dem Mangel an einer konstruktiven Selbstkritik (89 Prozent) ihre Karrierechancen. Trotz dieser negativen Eigenschaften sind High Potentials begehrt wie nie.
Die befragten Unternehmen gaben als an, ihren Wunschkandidaten nicht von sich überzeugen zu können. Mit diesem Problem kämpften in Deutschland 74 Prozent der Unternehmen, in Österreich 60 Prozent und in der Schweiz sogar 84 Prozent. Darüber hinaus beklagten die Firmen, dass es speziell in den Fachrichtungen IT, Produktion sowie Forschung & Entwicklung besonders schwer sei, High Potentials zu finden und für das eigene Unternehmen zu gewinnen.
Strategien für das erfolgreiche Abwerben von High Potentials
Da High Potentials eine so große Chance für Unternehmen darstellen, führen diese Listen mit den besten Talenten ihrer Branche. Denn auch wenn High Potentials sehr begehrt sind, so wollen sich Firmen bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ganz sicher sein.
Vor allem in Krisensituationen – das heißt in Zeiten von Kurzarbeit, befristeten Arbeitsverträgen und Lohnkürzungen und die dadurch entstehende Verunsicherung seitens der Mitarbeiter – ist es für Unternehmen besonders leicht, Talente von Konkurrenten abzuwerben. Um einen High Potential abzuwerben, sind jedoch einige strategische Taktiken vonnöten.
- Zunächst ist es von wesentlicher Bedeutung für ein Unternehmen, den Markt zu kennen und zwar unabhängig von den derzeitigen wirtschaftlichen Situation. Um sich ein Bild von den verfügbaren High Potentials machen zu können, ist es sinnvoll, auf Messen, Konferenzen, Seminaren sowie in Social Media Netzwerken die derzeitigen Talente der Branche ausfindig zu machen.
- Online-Networking ist im IT-Zeitalter von wesentlicher Bedeutung und hilft bei der ersten Kontaktaufnahme. So hat sowohl das Unternehmen als auch der Kandidat selbst die Möglichkeit, sich gegenseitig unverbindlich kennen zu lernen.
- Online-Networking dient nicht nur der Kontaktaufnahme, sondern auch der Darstellung des eigenen Unternehmens. Besonders authentisch und reizvoll wirkt es auf das High Potential, wenn neben den formellen Informationen auch auf Blogs und Videos der Mitarbeiter zurück gegriffen werden kann und auf diese Weise zusätzliche interessante Einblicke in das Unternehmen geboten werden.
- Beim Abwerben eines High Potentials von einem Konkurrenten kommt es auf das richtige Timing an: das Unternehmen, bei dem das Talent arbeitet, muss stets im Blick behalten und auf mögliche Schwierigkeiten hin beobachtet werden (beispielsweise Kündigungen, Kurzarbeit etc.). So kann im richtigen Augenblick ein Abwerbungsgespräch initiiert werden.
- Wer einen High Potential abwerben möchte, muss auch etwas dafür bieten. Bei der Einstellung eines solchen Kandidaten sollte aus diesem Grund nicht am Gehalt geknausert werden. Stattdessen sollten lukrative Reize wie Boni oder Aktienpakete als Zusatzvergütung geschaffen werden, um eine Abwerbung attraktiv zu gestalten.
High Potentials bleiben Unternehmen treu
Schafft Ihr Unternehmen es, erfolgreich einen High Potential von der Konkurrenz abzuwerben, so können Sie in den meisten Fällen sicher sein, dass das Talent Ihrer Firma treu bleibt. Die Kienbaum-Studie ergab, dass in Deutschland 78 Prozent, in Österreich 75 Prozent und in der Schweiz sogar 100 Prozent der High Potentials mindestens drei Jahre in dem gleichen Unternehmen beschäftigt bleiben.
Dies ist in erster Linie auf das jeweilige Unternehmen zurück zu führen, das versucht, dem High Potential optimale Bedingungen zu bieten und dadurch einen Wechsel zu verhindern.
Zu den Methoden, über die Unternehmen verfügen, um die Möglichkeit eines Weggangs des High Potentials zu minimieren, zählen:
- Übertragung von Eigenverantwortung,
- Ein breites Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten,
- Herausfordernde und abwechslungsreiche Aufgaben,
- Coaching,
- Feedbackkultur
- Sowie der Aufbau eines attraktiven Unternehmensimage.
Während in Deutschland für 74 Prozent der High Potentials zudem die Work-Life Balance eine wichtige Rolle spielt, ist dieses bei Talenten in Österreich bzw. in der Schweiz nur für die Hälfte der befragten Unternehmen ein wichtiges Thema.
Erfolgt doch ein Wechsel des Arbeitgebers, so liegen in der Regel persönliche Gründe dafür vor. Dies bestätigten deutsche High Potentials mit 86 Prozent sowie österreichische Talente mit 73 Prozent. In der Schweiz hingegen ist das Abwerben durch konkurrierende Unternehmen der Hauptgrund (85 Prozent), warum ein High Potential die Firma wechselt. In Deutschland folgt dieser Grund an zweiter Stelle. Kriterien wie eine geringe Internationalität des Unternehmens, eine schlechte wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers sowie ein negatives Unternehmensimage werden hingegen kaum als Ursachen für einen Arbeitsplatzwechsel genannt.
High Potential: Was ist das überhaupt?
Ein High Potential verfügt nicht nur über besonders gute fachliche Qualifikationen bzw. einen überdurchschnittlichen Abschluss, sondern überzeugt auch durch seine bzw. ihre persönlichen Kompetenzen. Für die meisten Unternehmen zählt zu den wichtigsten Persönlichkeitsmerkmalen, die ein solches Talent mitbringen muss, Eigenmotivation. Mobilität ist für viele Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hingegen kein wichtiges Kriterium.
Bei der Befragung im Rahmen der Kienbaum-Studie gaben dies nur 20 Prozent der deutschen, österreichischen und Schweizer Unternehmen als ausschlaggebendes Kriterium an. Neben der Eigenmotivation als wichtiges Persönlichkeitsmerkmal sind natürlich auch die Fach- und Methodenkompetenzen ausschlaggebende Qualifikationskriterien.
So ist es 90 Prozent der deutschen und österreichischen Unternehmen sehr wichtig, dass ihre High Potentials neben fundierten Fremdsprachenkenntnissen auch praktische Erfahrungen, beispielsweise einschlägige Praktika, vorweisen können.
Diplom und Master sind die beliebtesten Abschlüsse
Die Art des Abschlusses entscheidet in den drei befragten Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz maßgeblich, ob jemand einen Job bekommt und mit welchem Einstiegsgehalt er bzw. sie rechnen kann. Derzeit haben vor allem High Potentials mit einem Diplom sehr gute Karrierechancen.
So präferieren 99 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland Absolventen mit einem Diplom-Zeugnis. In Österreich hingegen sind High Potentials mit einem auf einer Universität erworbenen Master-Abschluss gefragt. Die Schweiz bevorzugt wiederum Fachholschulabsolventen mit einem Master-Abschluss. Die Studie zeigt, dass in diesen drei Ländern ein Master- bzw. Diplomabschluss wesentlich beliebter bei Unternehmen ist als ein Bachelor bzw. promovierte Absolventen.
Diese Präferenzen werden auch in der Vergütung sichtbar, die in Deutschland Österreich und der Schweiz zum Teil erheblich variiert. In Deutschland erhalten mit einem Jahresbruttogehalt von 52.200 Euro promovierte Absolventen derzeit das höchste Einstiegsgehalt; gefolgt von Berufseinsteigern mit einem auf der Universität erworbenen Master-Abschluss (46.500 Euro).
Diplom-Absolventen landen mit 44.400 Euro Jahresbruttogehalt auf dem dritten Platz, dicht gefolgt von Abgängern mit einem auf einer Universität erworbenen Bachelor-Abschluss (44.000 Euro). In Deutschland und der Schweiz besteht zudem eine große Vergütungsdifferenz zwischen Berufseinsteigern mit einem Universitätsabschluss gegenüber Fachhochschulabsolventen: letztere erhalten rund 3000 Euro Jahresbruttogehalt weniger als ihre Kollegen an der Universität.
In Österreich hingegen fallen die Jahresbruttogehälter um rund 10.000 Euro geringer aus als in Deutschland. Aufgrund dieses Gefälles ist es besonders für österreichische Unternehmen schwer, High Potentials aus Nachbarländern wie Deutschland und der Schweiz abzuwerben. Experten raten österreichischen Unternehmen aus diesem Grund, durch ein attraktives Gesamtpaket ihre Firma zu bewerben um auf diese Weise High Potentials rekrutieren zu können.
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