Ein Start-up-Unternehmen zu gründen ist schwer. Zwei wesentliche Faktoren bestimmen den Erfolg des Projekts. Im Sektor Fußball, der beliebtesten Sportart der Deutschen, entstehen zurzeit immer wieder junge Unternehmen, die ein Stück vom großen Kuchen des Marktgiganten Fußball abzweigen wollen.
Sei es ein optimierter Live-Ticker, an dem sogar zwei Ex-Nationalspieler teilnehmen, oder ein WhatsApp-Coaching mit dem wohl beliebtesten Vereinstrainer Jürgen Klopp, frische Ideen sind keine Mangelware. Die Umsetzung ist schon eher herausfordernd. Wir stellen Ihnen fünf der interessantesten Start-up-Unternehmen vor, die Fußball als Basis für sich entdeckt haben.
Junge Unternehmen nutzen Beliebtheit des Fußballs
Aller Anfang ist schwer. Dieses Sprichwort trifft besonders auf den Bereich der Unternehmensgründung zu. Junge, innovative Unternehmen, sogenannte Start-up-Unternehmen, in der Regel ein Zusammenschluss aus mehreren Personen, zeichnen sich in den meisten Fällen durch folgende Eigenschaften aus:
- Fehlende Balance in der Team-Zusammenstellung
- Falsche Kompromisse bei der Mitarbeiterqualität
- Unternehmenswerte und -kultur meist unklar
- Fehlende Kenntnisse zur Umsetzung von Ideen
- Fehlende Marktorientierung
- Umständliche Betriebsprozesse
Die Liste an Mängeln könnte noch deutlich umfassender gestaltet werden. Bricht man die Gründerphase aber auf eine Vereinfachung herunter, kann der Gründungsprozess auf zwei Faktoren reduziert werden:
- Die Idee
- Die Umsetzung
Eine innovative und zukunftsorientierte Idee ist von existentieller Bedeutung für die Gründung eines Start-up-Unternehmens, auch um gegenüber der Marktkonkurrenz im Vorteil zu sein und potentiellen Geldgebern attraktive Renditemöglichkeiten in Aussicht zu stellen.
Ist ein originelles Geschäftskonzept vorhanden, gilt es, die Geschäftsidee umzusetzen. Hierbei entstehen in der Regel die meisten Probleme, da Marktkenntnisse und Prozesssteuerung nicht ausgereift sind. Doch diese Expertise ist auch eigenständig erlernbar oder an externe Mitarbeiter auszugliedern.
Die Idee beziehungsweise das Konzept hingegen muss vorhanden sein. Die Festlegung auf einen Marktbereich ist der erste Schritt. Neben der Glücksspielbranche bietet der Fußball mit seinem gigantischen Marktvolumen hierbei für viele Start-ups die Grundlage. Immerhin gaben 2016 mehr als 40 Millionen Deutsche an, sich regelmäßig mit Fußball zu befassen, wie eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) herausfand.
Fußball-Wetten sind beispielsweise ein großer Teil des Geschäftes. Doch die Gründung einer Buchmacher-Seite gestaltet sich schwieriger, als viele mitunter meinen. Neben einem umfassenden Fachwissen in nahezu allen Sportarten benötigen die Gründer beispielsweise auch das Know-how über die Gestaltung und Berechnung von Wettquoten.
Wir stellen Ihnen die fünf interessantesten aktuellen Start-up-Neuheiten vor, deren Geschäftsidee sich mit dem Fußball befasst.
Ticr: „Emotionaler und authentischer“
Sportliche Großereignisse wie der Confederations-Cup, Parlamentswahlen wie kürzlich in Großbritannien oder Terroranschläge wie in Manchester, Paris oder London – für all diese Ereignisse werden von den Medien und Nachrichtenagenturen mittlerweile sogenannte Live-Ticker eingerichtet. Sie sind allgegenwärtig, auf jedem News-Portal zu finden und berichten dem Leser wenn nicht sekündlich, dann aber zumindest minütlich von den Geschehnissen.
Der Ursprung der Live-Ticker liegt wenig überraschend im Sport. Die Echtzeitberichterstattung ist informativ, doch in der Regel auch leicht austauschbar. Die Fakten gestalten sich schließlich bei den seriösen Medien recht ähnlich, werden nur ein wenig umformuliert aufgegriffen und als Information bereitgestellt. Das Start-up-Unternehmen „Ticr“ hatte nun die Idee, den Live-Ticker zu modifizieren, mit neuen Features auszustatten, zu verbessern und spannender zu gestalten.
Im Werbespot des neuen Start-ups Ticr fordert der Sportmoderator Lou Richter die Zuschauer zur Teilnahme an den Geschehnissen auf. „Nicht nur gucken, sondern machen!“ Was man sich darunter vorstellen kann, hat die in Deutschland äußerst beliebte Krimiserie „Tatort“ bereits gezeigt. Live-Abstimmungen über richtungsweisende Entscheidungen, alternative Enden oder vor allen Dingen Livekommentare sollen durch Ticr auch im Fußball Einzug halten.
Der Ausgang eines Fußballspiels kann selbstverständlich nicht durch eine Abstimmung entschieden werden, die Echtzeitberichterstattung im Live-Ticker aber durchaus spannender gestaltet werden. Ticr hat diesen Weg eingeschlagen und ermöglicht seit der Einführung der App im Januar 2016 den Fußballfans, jedes Spiel aus der eigenen Sicht zu kommentieren. Diese Kommentare können andere Nutzer dann live mitverfolgen, selbst kommentieren und auf diese Weise mit anderen Fans in Kontakt treten. Dies soll das Echtzeiterlebnis verbessern.
Die Konzentration auf emotionale und spannende Berichterstattung in Echtzeit bedeutet allerdings nicht, dass redaktionelle Fakten und Inhalte ad acta gelegt würden. Eigene Experten und sogar frühere Fußballprofis wie die beiden Ex-Nationalspieler Tim Borowski und Fabian Ernst ergänzen die Inhalte. Die beiden Fußballer haben zudem eigenhändig in das Projekt Ticr investiert. Ziel des Start-ups ist es, die „Nummer 1 der Social-Communities im Fußball“ zu werden. Mit dieser innovativen Idee könnte dies am Ende auch tatsächlich gelingen.
Video: Was ist ticr?
Tickaroo: Berichterstattung auch von regionalen Vereinen
Ein ähnliches Konzept wie Ticr verfolgt bereits seit der Gründung im Jahr 2011 das Start-up-Unternehmen Tickaroo. Das Regensburger Unternehmen kann bereits große Erfolge verzeichnen. Mehr als drei Millionen Nutzer pro Monat sprechen eine deutliche Sprache und bilden eine gute Basis für ein weiteres Engagement.
Das Prinzip beruht auf den Lücken der Sportberichterstattung. Die erste Bundesliga ist auf fast allen Kanälen und allen Medien allgegenwärtig. Doch ist man Anhänger eines Sportvereins, der beispielsweise in der Regionalliga spielt, findet man bis auf einige wenige Ausnahmen keinerlei Live-Berichterstattung, lediglich kurze Spielzusammenfassungen – wenn überhaupt
Tickaroo setzt genau hier an und ermöglicht es dem Zuschauer, selbst zum Reporter zu werden und einen eigenen Live-Ticker zu führen. Im Eishockey hat sich das Start-up bereits in den ersten drei Ligen komplett durchgesetzt. Das Prinzip ist denkbar einfach: Über die Webseite von Tickaroo müssen Nutzer sich anmelden und können dort für ein beliebiges Spiel aus irgendeiner Sportart einen persönlichen Live-Ticker erstellen.
Mittlerweile lässt sich Tickaroo auch auf Webseiten sehr einfach einbinden. So haben beispielsweise regionale Zeitungen die Möglichkeit, auf ihrer Seite einen Live-Ticker über aktuelle Sportereignisse aus der Region zu integrieren. Die Erfolge haben auf sich aufmerksam gemacht und dafür gesorgt, dass im Oktober 2015 der „kicker“-Herausgeber (Olympia Verlag) eine siebenstellige Summe in das Start-up investiert hat. Relaunches der App und regelmäßige Updates lassen die Optimierung des Programms fortschreiten und locken immer mehr Nutzer an.
Onefootball: Detailreiche und umfassende Fußball-Infos
Lukas von Cranach hat es eindeutig geschafft. Seine App „Onefootball“ zählte 2015 bereits zu den „100 heißesten Start-ups Europas“, und das nach nur sieben Jahren. 2008 entschied sich der 1.FC Köln-Fan zu der Gründung der App (damals noch unter dem Namen iLiga), weil er zu wenige Informationen zu seinem Lieblingsverein fand.
Hierbei kann es sich um einen Live-Ticker oder um einen Toralarm handeln. Auch Hintergrundinformationen zu einem Team bzw. zu einer Begegnung können über die App abgerufen werden. Erst zur EM 2016 versorgte Onefootball Interessierte mit spannenden Hintergrundinformationen zum Turnier, die so auf einschlägigen Sportseiten nur nebensächlich oder gar nicht behandelt wurden.
Mittlerweile gehört seine App zu den führenden Fußballplattformen. Mehr als 22 Millionen Nutzer lesen in dem Magazin und erfahren Nachrichten über ihre Lieblingsvereine, Ligen und Transfers. Allein im Jahr 2013 investierten Earlybird (zehn Millionen Euro) und Union Square (fünf Millionen Euro) in das Start-up.
WhatsCoach: Klopp coacht via WhatsApp
Aus der Opel-Werbung kennt ihn sowieso jeder und auch im deutschen Vereinsfußball hat Jürgen Klopp seine Visitenkarte hinterlassen. Nun können auch alle Amateurtrainer fachmännische Ratschläge und Coaching-Tipps abrufen. Die App „WhatsCoach“ des Kölner Start-up-Unternehmens Bolzfabrik ermöglicht dies.
Der Trainer des FC Liverpool Jürgen Klopp gibt zwar keine persönlichen Tipps, er fand die Idee des Start-ups aber so gelungen, dass er persönlich in sie investierte. Die Beratung in der App erfolgt aber keineswegs von Amateuren. Sämtliche Trainer, die ihre Expertise und Tipps weitergeben, besitzen mindestens eine A-Lizenz als Trainer vom DFB. Ein weiterer großer Vorteil für den Nutzer ist, dass dieser Service zu 100 Prozent kostenlos ist. Das Start-up erwirtschaftet seinen Gewinn über eine Verknüpfung mit einer Onlineplattform.
Sponsoo: Regionale Werbung für Unternehmen
Im Jahr 1973 entdeckte die Trikotwerbung das gigantische Marktfeld Trikotwerbung. Eintracht Braunschweig brach damals den Bann, als es mit dem Jägermeisterlogo auf der Brust zu einem Spiel auflief. Die Sponsoren investieren horrende Summen in die Top-Ligen, bekommen allerdings auch die größte Aufmerksamkeit durch die Werbung.
Das Anfang 2015 gegründete Start-up-Unternehmen Sponsoo stößt in die Lücke zwischen Top-Ligen und Amateurbereich vor und bringt Sponsoren und regionale Sportler zusammen. Speziell regional ansässige Unternehmen können so gezielt lokale Werbung schalten. Doch auch die kleinen Vereine profitieren enorm. Für sie sind meistens schon geringe Summen an Sponsorengeldern wie ein Segen auf die klammen Vereinskassen. Das äußerst erfolgreiche Start-up hat bereits den Start-up-Wettbewerb der Universität Cambridge gewonnen. Zudem ist die renommierte Werbeagentur Jung von Matt bei Sponsoo eingestiegen.
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