Existenzgründer brauchen nicht nur eine gute Geschäftsidee. Es geht von der ersten Minute auch um die Frage, wie das Start-Up finanziert werden kann. Eine Herausforderung, der sich 2021 laut KfW Gründungsmonitor wieder mehr Gründer gestellt haben.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Gründungsflaute durch Corona
Nach der Corona-Flaute ist die Gründertätigkeit in Deutschland wieder auf dem Vorkrisenniveau angekommen. Rund 607.000 Menschen haben sich für das eigene Unternehmen entschieden.
Mehr als die Hälfte – 371.000 Gründer – bauten ihr Geschäft im Nebenerwerb auf. Hier ist der finanzielle Druck oft nicht ganz so groß. Für die 236.000 Start-Up Gründer im Vollerwerb geht es dagegen wirtschaftlich um alles. Das Problem: Als Antragsteller rennen Existenzgründer bei Banken nicht unbedingt offene Türen ein. Wie das Start-Up unter diesen Voraussetzungen finanzieren? Eine Möglichkeit, welche an dieser Stelle regelmäßig genutzt wird: Crowdfunding.
Was ist Crowdfunding?
Der Begriff Crowdfunding basiert eigentlich auf einem sehr alten Konzept, das sich schon lange vor dem Entstehen der ersten echten Banken entwickelt hat. Bereits in der frühmittelalterlichen Phase lassen sich Ansätze erkennen, dass wohlhabende Familien als Investoren Handelsfahrten auf dem Seeweg finanzieren. Dieses Konzept, eine Kapitalsumme einzusammeln und dieses für wirtschaftliche Interessen einzusetzen, steht hinter dem Crowdfunding.
Heute gern auch als Schwarmfinanzierung bezeichnet, funktioniert das Crowdfunding nach einem sehr einfachen Konzept. Über entsprechende Plattformen können Gründer ein Finanzierungsprojekt erstellen – mit einer erforderlichen Kick-Off Schwelle, Verzinsung, Laufzeit usw. Wer als Kapitalgeber das Start-Up Projekt interessant findet, kann direkt investieren.
Die gesamte technische Abwicklung übernehmen Crowdfunding-Plattformen. Alles, was mit Transaktionen und bankenrechtlichen Aspekten zu tun hat, wird im Regelfall über eine Partnerbank erledigt. Auch das Crowdfunding ist schließlich ein Service, welcher in rechtliche Rahmenbedingungen eingefasst ist – über die Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister (kurz Schwarmfinanzierungs-Verordnung) und das Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz.
Welchen Vorteil hat das Crowdfunding?
Eine Studie von PWC (PricewaterhouseCoopers) hat zuletzt einen Anteil von:
- 4,3 Prozent beim Crowdfunding
- 9,5 Prozent beim Crowdinvesting
in der Gründungsfinanzierung errechnet.
Banken tun sich oft schwer, ein Start-Up zu finanzieren. Es greifen sehr strenge Vorgaben hinsichtlich der Risikominimierung. Haben es schon etablierte Unternehmen manchmal schwer, einen Kredit zu bekommen, scheitert die Gründung manchmal schon an diesem Punkt.
Crowdfunding macht es leichter, Start-Ups und potenzielle Kapitalgeber zusammenzubringen.
Plattformen sind trotzdem keine Wild-West-Show, jeder Kreditnehmer wird durchleuchtet. Aber: Entscheidungen treffen über die einzelnen Kapitalentscheidungen Menschen und nicht anonyme Algorithmen in einem Bankcomputer.
Daher kann das Crowdfunding eine Alternative für die Finanzierung des eigenen Start-Ups sein. Auf deshalb greifen inzwischen mehr Gründer zu dieser Finanzierungsquelle.
Tipps für gutes Crowdfunding
Crowdfunding wird von Befürwortern gern als der einfache Weg gefeiert, sich an Banken vorbei um Kapital für Projekte oder ein Start-Up zu organisieren. Leider sieht die Praxis nicht ganz so rosig aus. Wer über Crowdfunding Kapital einsammelt, sollte seine Hausaufgaben machen. Es gibt ein paar Punkte, mit denen sich die Chancen auf ein erfolgreiches Funding noch verbessern lassen.
Gutes Projektdesign
Crowdfunding lebt davon, dass sich viele potenzielle Investoren für ein Finanzierungsprojekt interessieren und zur Unterstützung bereit sind. Viel hängt von einem professionellen Projektdesign ab. Lieblose Projektbeschreibungen locken niemanden hinter dem Ofen hervor. Die Geschichte und Gesichter hinter den Finanzierungsprojekten wecken wesentlich mehr Interesse.
Gute Stretch Goals
Mit Stretch Goals setzen Gründer zusätzliche Ziele. Damit winkt immer die Möglichkeit, deutlich höhere Summen einzunehmen. Aber: Sind diese Zusatzziele zu ambitioniert, kann der Schuss sprichwörtlich nach hinten losgehen. Es droht die Gefahr, einfach die Messlatte zu hoch anzulegen und beim Finanzierungsvorhaben am Ende in Verzug zu geraten.
Crowdfunding bekannt machen
Damit die Finanzierung klappt, braucht es Unterstützer. Auf Crowdfunding Plattformen herrscht Konkurrenz, die Gründer schlagen müssen. Gerade die ersten Unterstützer können sich als besonders große Hürde erweisen. Mit PR, Social Media und dem eigenen Bekannten-/Freundeskreis kann das Projekt schnell an Reichweite gewinnen.
Crowdfunding intensiv betreuen
Wenn das Funding langsam anrollt, ist einer der größten Fehler sich entspannt zurückzulehnen. Wer als Gründer erfolgreich Kapital einwerben will, betreut das Projekt auch weiterhin intensiv – entweder über Funding Plattformen oder Social Media Kanäle. Diese Kommunikation ist wichtig, um in Kontakt zu bleiben und ein Netzwerk aufzubauen.
Crowdfunding ist projektbezogen
Sich das Start-Up einfach von einer größeren Gruppe an Einzelpersonen statt Banken finanzieren lassen – klingt vielversprechend. Aber: Wer sich als Gründer für dieses Konzept interessiert, muss sich einige Dinge klar machen.
Crowdfunding ist keine Garantie, dass ein Finanzierungsprojekt wirklich zustande kommt. Wer beim Pitch in der Bank überzeugt, kann nach der Entscheidung den Kreditvertrag mit nach Hause nehmen – und als Start-Up durchstarten.
Crowdfunding bewegt in einem anderen Zeitrahmen. Gründer müssen nicht nur das Finanzierungsprojekt erstellen. Es passiert regelmäßig, dass die Fundingschwelle nicht erreicht wird – und damit auch keine Finanzierung zustande kommt.
In dieser Situation sollte man als Gründer noch zwei bis drei Pfeile als Trumpf im Köcher haben oder muss das Projekt noch einmal überarbeiten.
Schnell übersehen wird beim Crowdfunding im engeren Sinn, dass es sich hier um eine Projektfinanzierung handelt. Es ist durchaus nicht sicher, ob über diese Finanzierung wirklich die komplette Start-Up Gründung finanzierbar ist.
Um potenziellen Kapitalgebern einen zusätzlichen Anreiz zu geben, lässt sich mit Benefits arbeiten – etwa in Form von Rabatten oder Give-Aways, wie fertige Produkte, die an Unterstützer ausgeben werden.
Alternativen zum Crowdfunding
Crowdfunding ist nur eine Finanzierungsmöglichkeit, um das eigene Start-Up endlich voranzubringen. Wer sich als Gründer dafür entscheidet, muss mit Rückschlägen leben. In der Praxis wird nicht jedes geplante Finanzierungsprojekt die nötige Fundingschwelle erreichen. Wichtig ist an diesem Punkt einfach das Mindset: Es bringt nichts, jetzt den Kopf in den Sand zu stecken.
Es braucht für diesen Fall einfach Alternativen. Einen sehr umfassenden Eindruck, wie andere Gründer mit dem Thema Finanzierung umgehen, vermittelt die Studie von PwC zum Gründungsverhalten. Wie sehen gängige Alternativen aus?
Crowdinvesting: Kreditvergabe durch die Masse
Hier geht es nicht darum, über die Schwarmfinanzierung ein Projekt zu unterstützen. Crowdinvesting lässt sich als Pendant zum Funding verstehen – nur in einem etwas anderen Maßstab. Viele Kapitalgeber nutzen ihre Möglichkeiten, um ganze Unternehmen anzuschieben. Dafür haben sich einige inzwischen stark wachsende Plattformen etabliert. Vergleichen lässt sich diese Form der Finanzierung vielleicht mit vielen kleinen Risikokapitalgeber.
Deren Ziel: Eine starke Rendite bei überschaubarem Risiko. Crowdinvesting kann auf unterschiedlichen Wegen realisiert werden. Was Gründern klar sein muss, sind die Rahmenbedingungen für ein solches Investment. Auf Plattformen Kapital einzuwerben kann bedeuten, dass Investorenguthaben Eigenkapital ist, also Anteile des Start-Ups abgeben werden.
Fördermittel: Staatliche Förderprogramme sichten
Unternehmen, die Gewinn machen, zahlen Steuern. Daher haben Bund und Länder immer ein gewisses Interesse, Start-Ups expandieren zu lassen. Über Gewerbe- und andere Unternehmenssteuern erzielt der Staat schließlich Einnahmen. Aus diesem Grund werden Gründer gefördert. Wie diese Förderungen aussehen, lässt sich nur für den konkreten Einzelfall feststellen. Fördermittel werden unter anderem über die KfW bereitgestellt. Hierfür stehen beispielsweise Gründer- und Förderkredite zur Verfügung.
Video: Was ist Crowdfunding
Bankkredite: der klassische, aber steinige Weg der Gründungsfinanzierung
Neben den Förderungen, welche sich durch erleichterte Konditionen – wie Zuschüsse oder Bürgschaften – abheben, gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit des Bankkredits. Für Kreditinstitute bietet sich hier immer die Chance, Einnahmen über den Kreditzins zu erzielen.
Aus Gründersicht hat der Kredit den Fremdkapital-Vorteil. Es stehen finanzielle Mittel zur Verfügung, die Bank hat aber über das Unternehmen selbst keine Entscheidungsmöglichkeiten. Alles, was das operative Geschäft betrifft, kann der Gründer im Rahmen dieser Finanzierungsform selbstständig entscheiden. Auf der anderen Seite durchleuchten Banken vor der Vergabe nicht nur den Gründer, sondern wollen sich ein sehr genaues Bild davon machen, welches Potenzial das Start-Up eigentlich hat.
Die Suche nach entsprechenden Darlehen ist gerade zu Beginn schwierig. Ein Blick auf die Angebote des FINANZCHECK Kredits für Selbstständige zeigt jedoch, dass bei Erfüllung aller Bedingungen ein solches Darlehen durchaus günstig sein kann.
Venture Capital und Business Angel: Viele Möglichkeiten und viele Verpflichtungen
Beide Begriffe werden im Zusammenhang mit der Gründungsfinanzierung häufig im gleichen Atemzug genannt. Der Grund sind gewisse inhaltliche Überschneidungen. Venture Capital und Business Angel setzen beide auf Risikokapital, sie investieren in Start-Ups, deren Erfolg nicht in Stein gemeißelt ist. Allerdings geht es Venture Capital ausschließlich um den ROI, es wird lediglich Kapital zur Verfügung gestellt. Business Angels gehen einen Schritt weiter. Hier wird versucht, mithilfe der eigenen Expertise die Gründung in die richtige Richtung zu lenken.
Fazit: Crowdfunding bietet viele Möglichkeiten
In Deutschland wird wieder mehr gegründet – zumindest laut den Zahlen Gründungsmonitors der KfW. Wer sich für diesen Weg entscheidet und ein Start-Up aufbauen willen, muss einige Hürden überwinden. Gerade die Finanzierung der eigenen Geschäftsidee stößt an Grenzen. Fehlende Sicherheiten, ein nicht ganz sauber ausgearbeiteter Pitch – Banken schütteln leider regelmäßig den Kopf. Crowdfunding und Investing sind zwei Alternativen, die in den letzten Jahren zunehmend an Fahrt aufnehmen. Aber: Auch hier gelten Besonderheiten, welche jeder Gründer kennen muss.