Onlinekommunikation schafft immer wieder neue (und geniale) Konzepte, die ebenso einfach wie erfolgreich sind. So auch die Aktion „Eimer. Google. Guerilla.“ der BSR.
BSR: Marketingaktion mit ausgezeichnetem Ergebnis
Es ist weithin bekannt, dass die BSR konsequent daran arbeiten, die Stadt Berlin sauberer zu bekommen und die Reinigung wie benötigt umzusetzen. Die Umgebung ist alles andere als rein, viele Bürger eher nachlässig mit ihrem Müll. Nun sind die BSR in 2017 einen anderen Weg beschritten, um bekannt zu werden und darauf aufmerksam zu machen, was sie im Berliner Raum leistet. Die Aktion gehört zu den Kampagnen von Institutionen und
wurde mit dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation ausgezeichnet. Es ging darum, auf die Papierkörbe der BSR aufmerksam zu machen. Sie gehören mit ihrem knalligen Orange einfach zu Berlin dazu und fordern dank lustig-frecher Sprüche zur Benutzung auf.
Im gesamten Stadtgebiet sind es rund 22.300 dieser Abfallbehälter, die Tag und Nacht bereitstehen und jeden Müll aufnehmen, der hier landet. Die fleißigen Mitarbeiter der Stadtreinigung der Hauptstadt leeren die Mülleimer in regelmäßigen Abständen. Sowohl Berliner selbst als auch Touristen kennen die Abfalleimer und finden sie durchaus sympathisch. Die Eimer verrichten wichtige Dienste und verhindern, dass noch mehr Müll auf den Straßen der Hauptstadt landet. Sie fordern zu mehr Sauberkeit auf und sind auch deshalb so zahlreich vertreten, weil viele Bürger nicht gewillt sind, ihren Müll von A nach B zu tragen, sondern weil sie direkt an den Straßen eine Entsorgungsmöglichkeit benötigen.
Das sogenannte Littering bleibt in Berlin dennoch ein riesiges Problem. Einige Stadtteile, darunter zum Beispiel Neukölln, werden immer stärker verschmutzt und der Lage kann mit den gängigen Mitteln kaum noch begegnet werden. Dabei beweisen Studien aber, dass das Thema Sauberkeit in der Stadt noch stärker ins Bewusstsein der Leute gerückt werden muss. Das soll über diese Vielzahl an Papierkörben gehen, denn je mehr davon in den Straßen stehen, desto stärker werden die Leute auf die Notwendigkeit der Reinhaltung der Umwelt aufmerksam gemacht.
Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe sind ständig auf der Suche nach neuen Ideen und Aktionen, die bisher nicht wahrgenommen wurden und die dennoch aufmerksamkeitsstark sind. Dabei kam die Frage auf, wie die Papierkörbe denn im Internet zu sehen sein könnten. Der Idee lag der Gedanke an die zunehmende Digitalisierung zugrunde und daran, dass die Papierkörbe zwingend zum Bild der Stadt dazugehören sollten.
Richtiger Schluss, den die BSR zogen: Google hilft! Mit Maps und Street View ist Google von überall erreichbar und präsentiert fast die ganze Welt. So sollten denn auch die Papierkörbe digitalisiert werden. Lustige Idee: Man nehme eine Kamera, fotografiere den Papierkorb und füge das Bild den Einträgen bei Google hinzu.
Video: BSR-Recyclinghöfe: Richtiges Entsorgen schont die Umwelt!
BSR: Die Aktion nimmt ihren Lauf
Die Papierbehälter wurden ab Februar 2016 in ganz Berlin fotografiert und so entstanden nach und nach immer mehr Bilder davon bei Google. Die Umgebungsbilder der relevanten Orte in Berlin wurden von nun an durch die Papierkörbe der Stadtreinigungsbetriebe ergänzt. Wer nun Google nutzte und zum Beispiel nach einem bestimmten Restaurant suchte, bekam das Bild des gesuchten Gebäudes angezeigt. Gemeinsam mit dem Papierkorb im Vordergrund! Die typisch orangefarbenen Helferlein waren so bald überall zu sehen und konnten bei der Bildersuche rund um Berlin nicht mehr übersehen werden.
Das Besondere daran war nicht etwa, dass die BSR rund 22.300 Papierkörbe verteilt hatten, sondern dass sie hierüber Werbung machen konnten, ohne einen Cent zu zahlen. Zumal diese Werbung nicht einmal nur lokal wirkt, sondern die Straßen und Plätze, relevante Gebäude und Einrichtungen der Stadt zusammen mit den Mülleimern an jedem Ort anzeigt, von dem aus die Bilder aufgerufen werden.
Google als größte und bedeutendste Suchmaschine überhaupt wurde für die Themen Umwelt, Stadtreinigung und Sauberkeit in der Stadt eingespannt und das, obwohl Papierkörbe normalerweise gar nicht erwähnt werden. Jetzt galten sie als Schlüsselmotiv und stellen von nun an den Beginn des digitalen Guerilla-Marketings dar. Eine Werbeform, die die BSR erfunden haben und der noch viele folgen werden!
Stadtreinigungsbetriebe: Eine Bilanz
Reinigung, Umwelt, Müllentsorgung und Einbeziehen der Bürger sind Themen, mit denen sich die BSR tagtäglich auseinandersetzen. Die Stadtreinigungsbetriebe können die Aktion als vollen Erfolg für sich verbuchen und konnten namhafte Firmen mit ihrem Produkt – dem Abfalleimer der BSR – in Verbindung bringen.
Hier ein Papierkorb vor Gucci, dort ein orangefarbener Mülleimer vor Starbucks. Drei Monate lang ließ Google die Aktion arbeiten, dann wurden die Verknüpfungen der Bilder gelöscht. Welches Unternehmen kann schon von sich behaupten, drei Monate lang Werbung zu schalten und dafür nicht einen Cent zahlen zu müssen?
Insgesamt sah das Ergebnis wie folgt aus:
- 4.125 Papierkörbe, die mit anderen Bildern verlinkt wurden
- über 6,2 Millionen Views
- null Euro Budget verbraucht
- Verleih des Deutschen Preises für Onlinekommunikation
- Entwicklung des neuen Begriffs „Digitales Guerilla-Marketing
Ein interessantes Fazit lässt sich aus dieser Aktion ziehen: Umso stärker die Papierkörbe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wurden, desto stärker wurden sie auch benutzt. Aus diesem Grund werden sicherlich noch einige Ideen dieser Art folgen, die BSR werden sich die größte Mühe geben, den Müll von den Straßen verschwinden zu lassen. Und je mehr Menschen auf die Aktionen aufmerksam werden, ihnen folgen und mitmachen, desto sauberer wird die Hauptstadt!
Jedem, der schon einmal in der Hauptstadt war, sind die orangefarbenen Papierkörbe sicherlich aufgefallen. Sie stehen tatsächlich an fast jeder Ecke und vor fast jedem Haus und sind mittlerweile untrennbar mit dem Bild der Stadt verbunden. Touristen und Einheimische können sich ihre Stadt ohne diese Mülleimer gar nicht mehr vorstellen und glauben kaum, dass dies in anderen Orten nicht so bekannt ist.
Die BSR haben mit ihrer Aktion dafür gesorgt, dass eine Besonderheit Berlins zumindest deutschlandweit bekannt wurde und stellten sich selbst als Umweltschützer dar. Gleichzeitig wurde darauf aufmerksam gemacht, wie groß das Müllproblem doch ist. Eine lustige Werbeaktion, die sicherlich für deutlich mehr Aufmerksamkeit sorgte als ein belehrender Werbespot, in dem von negativen Auswirkungen des Mülls die Rede ist. Zu abgestumpft sind die Menschen inzwischen, als dass sie die Probleme noch derart erkennen würden.
Die Bürger vor Ort sind machtlos, fühlen sich durch Müll gestört und sehen dennoch nicht ein, warum sie den Abfall anderer Leute entsorgen sollten. So sind Aktionen wie „Schön wie wir“, bei der die Bürger ihren Kiez selbst sauber halten sollten, zwar sinnvoll, doch weitaus weniger erfolgreich.
Hintergrund: BSR sehen Berlin im Müll versinken
Die Bemühungen der BSR kommen nicht von ungefähr. Sie sind kein reiner Marketinggag oder aus einer Laune heraus gewachsen. Vielmehr sind sie das Ergebnis umfassender Überlegungen zu einem großen Problem der Hauptstadt: Hier liegt überall Müll! Die Berliner Stadtreinigung sorgt dafür, dass Sperr- und Hausmüll regelmäßig abgeholt werden. Letzterer wird sogar bis zu einer Menge von drei Kubikmetern kostenfrei entsorgt, danach kostet der Spartarif bis zu fünf Kubikmeter 50 Euro.
Doch das Problem daran ist, dass viele Menschen nicht auf einen freien Termin warten wollen. Sie möchten ihren Sperrmüll loswerden und das genau jetzt! Andere wiederum lassen sich von nichts beeindrucken und stellen den Müll einfach auf die Straße. Die BSR sind ständig darum bemüht, die Reinigung der Straßen in die Wege zu leiten und arbeitet hier mit den zuständigen Ordnungsämtern zusammen. Doch auch diese haben weder Zeit noch Personal in unendlichen Mengen zur Verfügung und müssen mit ihren Kapazitäten klarkommen. Die Folge ist, dass an einigen als Hot Spots bekannten Plätzen direkt nach der Reinigung wieder Müll abgeladen wird.
Die Recyclinghöfe anfahren? Dies ist für viele Bürger viel zu umständlich. Hinzu kommt, dass einige von ihnen nicht motorisiert sind. Genau genommen trifft das sogar auf ziemlich viele Menschen zu, denn in Berlin ist nahezu die Hälfte der Einwohner ohne eigenen Pkw unterwegs. Nun lässt sich aber ein alter Schrank oder eine Kühltruhe nicht mit dem Bus transportieren.
Die Recyclinghöfe würden den Müll annehmen, doch dafür muss er bis dorthin gebracht werden.
Die Lösung der Stadt: Lastenfahrräder!
Das Kühlschrankproblem lässt sich damit zwar nicht lösen, doch wer weniger sperrige Dinge auf die Recyclinghöfe fahren möchte, kann das damit machen. Die Fahrräder sind kostenlos zu nutzen und verfügen über einen Motor. Somit wird der Transport fast schon zum Kinderspiel! Dennoch nutzen längst nicht so viele Berliner wie gedacht dieses Angebot und stellen ihren Sperrmüll immer noch auf der Straße ab.
Video: Tausch- und Verschenkmarkt – Aktion an der FU Berlin
Wie viele Menschen folgen bestimmten Angeboten auf eBay, um dort möglichst günstig gebrauchte Dinge zu ergattern? Und wie viele Menschen ziehen einen Tausch einem Neukauf vor? Die BSR haben auch für diese Leute eine Lösung und präsentiert einen Verschenkmarkt. Statt alte Dinge als Müll auf die Recyclinghöfe zu fahren, kann der Markt für gebrauchte Dinge genutzt werden. Ob nun ein Tausch gegen einen anderen Gegenstand infrage kommt oder ob der Verschenkmarkt wirklich als solcher genutzt wird, bleibt dabei jedem selbst überlassen.
Fakt ist aber, dass die BSR auch damit wieder einen Versuch wagen, die Stadt sauberer zu halten. Denn: Warum sollte etwas, das jemand anderes noch haben möchte, einfach weggeworfen werden? So werben die Stadtreinigungsbetriebe mit ihrem Verschenkmarkt und der Möglichkeit zum Tausch gebrauchter Dinge, um in der Folge Umwelt und Ressourcen zu schonen.
Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: Joerg Huettenhoelscher -#01: NatthawutPP-#02: pcperle -#03: mhp