Der Schweizer Musikvermarkter iGroove hat im Frühjahr 2015 ein neues Portal installiert, das den Musikern deutlich mehr Einnahmen verschafft. Seither freut sich das Start-up über enorme Wachstumszahlen, die wohl dadurch zustande kommen, dass die üblichen Verkaufskanäle gemieden werden. Seit Ende 2015 erschließt iGroove nun den deutschen Markt.
Alternative zu klassischem Streaming
Die herkömmlichen Streaming-Dienste können den Musikern in vielen Fällen nicht mehr wirklich helfen. Die Auszahlungen fallen einfach zu niedrig aus, weshalb iGroove schon seit Längerem die nun eingeführte neue Variante geplant hatte. Der iGroove-CEO Dennis Hausammann kann die auf dem Markt üblichen Modelle erklären. Zwar hätten sich die Streaming-Technologie, die Benutzerfreundlichkeit und damit auch der Musikzugang seit einigen Jahren stark verbessert, technisch sei die Online-Vermarktung also kein Problem mehr, so Hausammann. Jedoch hätten die Streaming-Portale ihre Zahlungsmodellen nicht zugunsten der Labels und Musiker angepasst. Diese leiden unter schlechten Zahlungsmodalitäten, die auf der Technik der frühen 2000er Jahre basieren. Damals war das Streaming noch so aufwendig und damit teuer, dass eine höhere Beteiligung der Musiker kaum möglich war. Inzwischen hat sich das geändert, der Aufwand ist gesunken, Musiker können besser beteiligt werden. Das macht iGroove nun vor. Das Startup behält lediglich eine achtprozentige Fair Trade Kommission vom Verkaufsbetrag ein. Von den restlichen Einnahmen werden gesetzliche Abgaben und Transaktionskosten abgezogen, den Rest erhalten Musiker und Labels. Die Musiker verdienen pro Download rund 40 % mehr gegenüber den Einnahmen auf anderen Musikportalen. Noch eine Neuerung hat iGroove eingeführt: Nutzer können für ihre Lieblingsmusik freiwillig mehr bezahlen. Worüber hartgesottene Vermarkter vielleicht den Kopf schütteln (wer zahlt schon freiwillig mehr?), das macht auf dem Musikmarkt durchaus Sinn: Die passionierten Musikhörer haben den Mainstream satt und fördern gern mit ein paar Cent mehr ihre Lieblingsband. Sie unterstützen ihre Favoriten anstelle eines Streaming-Abos, das sie höchst selten nutzen würden. So etwas funktioniert in einem Bereich, in dem die Konsumenten ungeheuer informiert sind. Ähnliche Modelle sind FairTrade von Lebensmitteln oder auch der etwas teurere Verkauf von Bekleidung, die garantiert nicht durch asiatische Kindersklavenarbeit entsteht.
Innovation und Bewährtes
Auf bewährte Methoden verzichtet iGroove nicht, das schon länger genutzte Zahlungssystem wurde in den neuen Shop integriert. Dazu gehört unter anderem das einfache Bezahlen der Musik per SMS. Für den Kauf muss sich dabei niemand registrieren, der Betrag geht in die nächste Handyrechnung ein. Davon profitieren Nutzer, die weder iTunes, noch PayPal oder Kreditkarte nutzen. Auch das SMS-Zahlsystem ist sehr sinnvoll, denn viele Hörer sind gerade unterwegs und möchten den Song nun auf dem Smartphone haben. Was liegt näher als ein Bezahlmodell per SMS? Die Nachfrage nach Fair-Trade-Musik scheint im Übrigen sehr hoch zu sein. Seit April 2015 steigert sich der Umsatz von iGroove Monat für Monat um fast 100 Prozent, das lässt hartgesottene Vermarkter erblassen. Daher macht das Start-up vollkommen zu Recht für sich gute Wachstumschancen aus, die Expansion auf einen Markt wie Deutschland ist nur allzu logisch. Die deutschen Fans, Musiker und Medien reagieren jedenfalls begeistert auf das Angebot. Unter anderem widmete der Radiosender DRadio eine ganze Sendung dem Unternehmen iGroove, die Station wird deutschlandweit empfangen.
Was bedeutet der innovative Auftritt von iGrooves?
Die genannten Innovationen sind durchaus höchst bedeutsam für den Erfolg von iGrooves. Es gibt nämlich solche Portale wie Sand am Meer. Die meisten von ihnen entstehen und verschwinden im Takt von wenigen Monaten, weil sie sich gegen den Marktführer iTunes nicht durchsetzen können. In den meisten Fällen kopieren sie mehr oder weniger das Erfolgsmodell, doch das reißt die Kunden naturgemäß nicht vom Hocker. Dennis Hausammann hat als Gründer von iGrooves daher alles richtig gemacht, was 2013 auch mit dem ersten Platz beim Schweizer Talent Boost in der “Wirtschaft und Technik” Kategorie belohnt wurde. Das Portal war zunächst vollkommen auf die Schweizer Independent Szene zugeschnitten und erwies sich dort als wahrer Booster (Auftrieb). Dazu ist in dieser Branche nicht nur der Zuspruch von Kunden, sondern auch die Mitwirkung vieler Musiker nötig – Vielfalt zählt. An die Kunden hat Hausammann aber auch gedacht. Nicht nur die konkurrenzlos günstigen Preise, sondern auch ständig neue, coole Features begeistern die Fans, die daher oft täglich reinhören. Dabei können sie nun immer wieder neue Musik entdecken, die begeisterte Musiker einspielen – den Konditionen sei Dank. Es gehört zweifellos nicht nur Begeisterung für Musik, sondern auch ein großes marketingtechnisches Geschick dazu, solche Synergien zu erzeugen. Die Musiker behandelt iGrooves besonders freundlich, sie können ihre Songs kostenlos hochladen (das ist nicht selbstverständlich!) und erhalten vom Nettoerlös immerhin 92 %. Bei iTunes sind es etwas weniger als 50 %. Die Musiker bestimmen ihren Preis selbst, und da sie so viel für ihre Songs bekommen, senken sie die Preise. In der Branche herrscht ein Durchschnittspreis für Downloads um 1,30 Euro pro Song, bei iGrooves sind es knapp unter 80 Cent.
iGrooves Features im Detail
Einige der Features verdienen eine gesonderte Vorstellung. Da wäre zum Beispiel die iGroove Music Card, welche die klassische CD ersetzt. Sie hat die Größe einer Kreditkarte und kann durch die Musiker bei ihren Gigs an Fans vertrieben, von diesen dann zum kostenlosen Herunterladen der Songs auf iGroove genutzt werden. Der iGroove Autopost unterstützt die Social Media Aktivitäten der Musiker. Diese erhalten ein Musiker-/Label-Konto und mit diesem die Möglichkeit, all ihre Social Media Aktivitäten via iGroove zu koordinieren. Das ist für die Künstler komfortabel und dient natürlich ihrer Anbindung an das Portal, doch das erscheint uns vollkommen legitim. Mit dieser integrierten Agenda werden gerade Terminankündigungen nicht mehr vergessen. Das Zusatzpaket +Plus ermöglicht es Musikern und Labels, die produzierte Musik zusätzlich zu iGroove in 200 weiteren relevanten Shops zu veröffentlichen, natürlich auch auf iTunes und Amazone. Natürlich müssen die Musiker dort etwas mehr abgeben.
Wie kam es zu iGrooves?
Dennis Hausammann ist – wie könnte es anders sein – selbst Musiker und hat die Schwierigkeiten der Vermarktung schon oft am eigenen Leib zu spüren bekommen. Vor allem die geringe Beteiligung der Musiker bei Verkäufen über ein Label fand er bemerkenswert, weshalb er iGrooves gründete und ein musiker- und hörerfreundliches Konzept erfand. Der Erfolg sei diesem Unternehmen absolut gegönnt.
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